OFF-Phasen behandeln: Parkinson OFF-Phase – was tun?
Erste Schritte: Beobachten, verstehen, entscheiden
Der schnellste Weg zu weniger Schwankungen beginnt mit Beobachtung. Notieren Sie über 7-14 Tage Zeitpunkt, Dosis, Mahlzeiten und Beschwerden (Skala von 0-10). Ergänzend bietet der Fragebogen zum Nachlassen der Medikamentenwirkung einen Kurzcheck für typische Muster. Weitere Tipps zur Dokumentation und zum Führen eines Symptomtagebuches finden Sie auf der Unterseite Was sind OFF-Phasen oder das ON-OFF-Phänomen bei Parkinson – Definition & Symptome.
Basis-Optimierung: Kleine Anpassungen, große Wirkung
Viele OFF-Phasen lassen sich durch gezieltes Timing und Anpassung der Medikamentenformulierung verbessern:
- Einnahmeabstände: Kürzer oder länger? Wechsel zwischen sofort- und verzögert freisetzenden Präparaten prüfen.
- Mahlzeitenabstand: Abstand zu eiweißreichen Mahlzeiten testen (individuell ärztlich klären), Magen-Darm-Beschwerden behandeln.
- Tagesplanung: Wichtige Aktivitäten in stabile ON-Phasen legen, Pausen einplanen
Evidenzbasierte Therapieoptionen – ein Überblick
Basistherapie:
Levodopa (L-Dopa) ist die Vorstufe des Botenstoffs Dopamin und wird zur symptomatischen Behandlung des Morbus Parkinson eingesetzt. L-Dopa wird immer in Kombination mit einem Decarboxylasehemmer (z. B. Carbidopa oder Benserazid) gegeben. Decarboxylasehemmer dienen als Schutzpartner von L-Dopa, indem sie dessen vorzeitigen Abbau außerhalb des Gehirns verhindern, sodass mehr Wirkstoff das Gehirn erreicht.
Ergänzende Medikamente:
- COMT-Hemmer: verlängern die Wirkung von Levodopa (L-Dopa), weil sie dessen Abbau im Körper bremsen. Dadurch gelangt mehr wirksames L-Dopa in das Gehirn.
- MAO-B-Hemmer: hemmen den Abbau von Dopamin im Gehirn und können somit die OFF-Zeit reduzieren.
- Nicht-ergoline Dopaminagonisten (oral oder als transdermale Parkinson Pflaster): „glätten“ motorische Fluktuationen durch eine gleichmäßigere Wirkung. Das Pflaster kann besonders bei einer unregelmäßigen Arzneimittelaufnahme im Darm hilfreich sein.
Schnell wirksame Bedarfsmedikation:
- Inhalatives Levodopa (L-Dopa): Die inhalative Form von L-Dopa wirkt schnell durch die Umgehung des Magen-Darm-Traktes. Es eignet sich für OFF-Episoden bei Patient*innen, die L-Dopa zusammen mit einem Decarboxylasehemmer einnehmen.
- Sublinguales Apomorphin: wird unter die Zunge gelegt und löst sich dort auf. Es wirkt schnell, weil Apomorphin ähnlich wie Dopamin Dopaminrezeptoren im Gehirn stimuliert und so einen ON-Zustand auslösen kann.
- Subkutanes Apomorphin: wirkt ähnlich wie das sublinguale Apomorphin und führt zu einem schnellen Wirkungseintritt. Es wird unter die Haut gespritzt, meist in den Oberschenkel oder Bauch, und erfordert eine Vorbehandlung mit einem Antiemetikum gegen Übelkeit.
Bei unzureichender Wirkung der genannten Therapien können folgende kontinuierliche Behandlungsoptionen erwogen werden:
- Pumpentherapien (LCIG, LECIG oder kontinuierliche subkutane Foslevodopa- oder Apomorphin-Infusionen): geben den Wirkstoff gleichmäßig ab und können so die OFF-Phasen reduzieren.
- Tiefe Hirnstimulation (THS, engl. DBS): kann die motorischen Symptome um 40 bis 60 % verbessern und kann die OFF-Zeit deutlich reduzieren.
Diese Bausteine werden individuell kombiniert – je nach Muster aus dem Tagebuch, Alltagssituation und Verträglichkeit.
Sicherheit & Alltag: Was Sie sofort tun können
Um Sturzrisiken zu minimieren, können Sie neben einem guten Schuhwerk Folgendes tun:
Wohnumgebung anpassen:
- Beleuchtung: Automatische Nachtlichter und helle LED-Beleuchtung (mindestens 50 Lux) in Fluren und Badezimmern.
- Rutschfeste Oberflächen: Antirutsch-Matten in Dusche und Bad, Entfernung loser Teppiche.
- Gehhilfen: Rollatoren mit Bremsen für draußen, Haltegriffe in Bad und Treppenhaus
Multidimensionale Sturzprävention:
Studien zeigen, dass kombinierte Interventionen (Heimsicherheit + Übungen + Verhaltensschulung) die Sturzrate um 50 % reduzieren können.
Technische Hilfsmittel:
- Sturzsensoren: Tragbare Geräte können Stürze automatisch erkennen und Hilfe alarmieren.
- Telerehabilitation: Heimbasierte Physiotherapie via Video können das Sturzrisiko reduzieren.
Planen Sie Wege mit ausreichend Zeitpuffer, nutzen Sie bei Bedarf Hilfsmittel und beziehen Sie Angehörige aktiv mit ein. Physio-/Ergotherapie, regelmäßige Bewegung sowie gezielte Gleichgewichtsübungen unterstützen die Beweglichkeit und das Gleichgewicht.
Wichtiger Hinweis: Welche Therapie für Sie am besten geeignet ist, hängt immer von Ihrer persönlichen Situation ab – also von Ihren Symptomen, dem Krankheitsverlauf, möglichen Begleiterkrankungen und Ihren persönlichen Präferenzen. Wenden Sie sich bei Fragen immer an Ihren behandelnden Arzt oder Ihre behandelnde Ärztin.
Tipps für Angehörige
Medikamentenmanagement:
- Unterstützen Sie bei der pünktlichen Einnahme der Medikamente mit Medikamentendispensern und dem Timing von Mahlzeiten.
- Beobachten Sie Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen und dokumentieren Sie diese für Arztbesuche.
Sicherheitsbegleitung:
- Bei Gehproblemen: Seitlich gehen und sichern, nicht ziehen oder schieben!
- OFF-Phasen: Mehr Zeit einplanen, Aktivitäten pausieren.
Arzttermine vorbereiten:
- Symptom-Tagebuch mitbringen mit konkreten Fragen zu Symptommustern bzw. Formulierung von Zielen wie „weniger OFF am Morgen“.
- Video-Aufnahmen (z. B. mit der Handykamera) typischer Symptome können hilfreich sein.
Fragebogen herunterladen – Veränderungen bei OFF-Phasen messbar
Patientenbroschüre herunterladen (PDF)– Praktische Tipps zu Bewegung, Entspannung und Selbstbeobachtung bei OFF-Phasen